Frau Knapp trinkt nicht und will nicht in die Tagespflege – was kann Marte Meo bewirken?
Vier kurze Ausschnitte aus dem Film MENSCH LEUTE Die Glücksjägerin HD zeigen sehr anschaulich am Beispiel der an Alzheimer Demenz erkrankten Frau Knapp, wie die Marte Meo Methode funktioniert und wie Marte Meo helfen kann, schwierige Verhaltensweisen zu reduzieren.Marte Meo Erklär-Video 1/4
Die demenzkranke Frau Knapp zieht sich zunehmend aus dem Familienleben zurück. Gespräche finden nicht mehr statt, auf angebotene Aktivitäten wie z.B. in die Tagespflege zu gehen oder auch nur etwas zu trinken antwortet sie immer „Nein“. Die Familie ist überfordert und bittet die Marte Meo Therapeutin Karola Becker um Hilfe. Diese nimmt mit ihrer Videokamera unproblematische Alltagssituationen auf, diese stellen die Grundlage des weiteren Vorgehens dar.
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Karola Becker analysiert die in der Familie aufgenommenen Filmsequenzen nach Situationen, in denen die Kommunikation bereits gut gelingt und als wertvolle Ressource genutzt werden kann. Sie sucht nach Anschlußmomenten, die Voraussetzung sind, damit MmD verstehen können. Die Marte Meo-Therapeutin bespricht die Ergebnisse ihrer Analyse mit Christa, und zeigt ihr mit Hilfe der Filmaufnahmen, wo sie ihrer Schwiegermutter Zeit gibt um in Anschluß zu kommen und wie sie dies genau macht (mit einem schönen Gesicht). Gezielt wird der nächste Entwicklungsschritt besprochen.
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Das neue Kommunikationsverhalten zeigt erste Erfolge: Frau Knapp fühlt sich besser verstanden und zeigt wieder Interesse an Gesprächen und den Menschen in ihrer Umgebung. Während ausreichendes Trinken kein Problem mehr darstellt, wird der Besuch der Tagespflege weiterhin abgelehnt. Anhand weiterer Videoanalysen zeigt Karola Becker der Schwiegertochter positive Interaktionen, die im Alltagsgeschehen oft nicht mehr wahrgenommen werden.
Durch die Kraft der Bilder kann kleinschrittig gezeigt werden wie Christa den Aufmerksamkeitsfocus (sieht Nudel auf der Hose) ihrer Schwiegermutter wahrnimmt, dadurch fühlt sich ihre Schwiegermutter im jetzigen Moment gesehen. Dadurch bekommt Fr. Knapp das Gefühl, dass Christa sich für ihre Wahrnehmung interessiert. Anschluss und Kontakt sind hergestellt. Sicherheit und Orientierung werden gefördert.
Danach sagt Christa: “Magda da ist noch was zu trinken, schwenk´s runter“. Sie hat eine entspannte Tonlage und ein freundliches Gesicht und wiederholt nochmals was Fr. Knapp tun kann. Fr. Knapp versteht und kann aus eigener Kraft trinken.
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Nach weiteren 3 Wochen mit Marte Meo basierter Kommunikation hat Frau Knapp erneut Fortschritte gemacht: sie kann bis 100 zählen, führt Unterhaltungen mit ihrer Schwiegertochter und auch ihre motorischen Fähigkeiten haben deutlich zugenommen. Durch ihre Bereitschaft in die Tagespflege zu gehen hat sich die Lebensqualität der gesamten Familie verbessert.
Die Nutzung der Filmausschnitte aus dem Film „Die Glücksjägerin“ ((c) SWR 2017, (p) MenschenbilderTV, Autor: Jörg Buschka, Kamera: Andreas Schlosser, Redaktion: Sara Endepols, Achim Streit (Erstausstrahlung: 03.04.2017, 18.15 Uhr, Mensch Leute, SWR Fernsehen)) erfolgt mit freundlicher Genehmigung des SWR für die Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz. Ein herzliches Dankeschön gilt auch Familie Knapp für die Einwilligung zur Veröffentlichung der Filmaufnahmen sowie für Karola Becker für die redaktionelle Unterstützung.
Mit Marte Meo herausfordernde Verhaltensweisen reduzieren
Marte Meo („aus eigener Kraft“) hat das Ziel, den Menschen mit Demenz (MmD) und seine Angehörigen wieder miteinander in Kontakt zu bringen.
Dabei werden Alltagssituationen anhand kurzer Videosequenzen betrachtet und die Wirkung und das Zusammenspiel aller Kommunikationselemente (Sprache, Tonfall, Gestik, Mimik) auf das Verhalten des MmD analysiert. Dieses erlaubt den Angehörigen, sich in die veränderte Wahrnehmung des Erkrankten einzufühlen und die eigene Kommunikation bewusster unterstützend anzuwenden. Der MmD fühlt sich besser verstanden, schwierige Verhaltensweisen werden seltener, selbst verloren geglaubte Fähigkeiten können wieder aufleben.
Marte Meo passt sich den Alltagssituationen an, der Fokus wird immer auf die wesentlichen Marte Meo Elemente gelegt, die videobasiert gezeigt werden:
Was kann ich tun: Um mit dem MmD in Kontakt zu kommen, obwohl er mit seiner Aufmerksamkeit noch ganz woanders ist, hilft ein Blickkontakt („Das gute Gesicht“), Warten, eine Berührung sowie das Benennen vom Aufmerksamkeitsfokus. Das hilft dem MmD bewusst wahr zu nehmen, wo er sich mit seiner Aufmerksamkeit befindet. Er bekommt die Botschaft der andere interessiert sich für ihn, er kann sich dadurch zugehörig fühlen.
Hierzu ist es sinnvoll auf Augenhöhe zu beobachten und dem MmD Zeit zu lassen, bis er die Aufmerksamkeit beim Gegenüber hat. Hilfreich ist auch mit Namen ansprechen, eine emotional angemessene Tonlage zu nutzen und zu sagen was man selbst tut.
Wozu: Erst wenn der MmD im Anschluss ist, kann er verstehen, wenn ich ihm etwas mitteilen möchte. Ohne Anschlußmoment kein Kooperationsmoment.
Was kann ich tun: Immer dann, wenn der MmD mit Worten/ Mimik / Gestik/ Handlungen eine passende Initiative zeigt können die Betreuenden folgen (Sagen was der MmD tut/sagt/fühlt), dabei vermitteln sie ihrem Gegenüber, dass er etwas beitragen kann, gleichzeitig noch passende Dinge selbst tun oder sagen kann.
Wozu: Man gibt die Botschaft, dass man sich interessiert für das was der Betroffene vermitteln möchte. Dieser fühlt sich dadurch zugehörig.
Er/Sie bekommt Worte für das was er/sie gerade tut oder fühlt, so dass die Sprachfähigkeit und das Zeigen von Initativen in den og. Bereichen länger erhalten bleiben kann.
Was kann ich tun: Das Benennen von Gefühlen, Handlungen und Ereignissen ist sinnvoll, wenn eine Initiative (Handlung, Emotion, Wörter) vom Betroffenen gezeigt wird. Die Begleitenden geben so mit Worten Struktur und Orientierung darüber, was gerade passiert.
Wozu: Der MmD wird dadurch wahrgenommen, er wird an den Moment angeschlossen und kann sich selbst dadurch besser wahrnehmen („Wer bin ich“).
Damit wird die Autonomie des MmD gestärkt.
Er/Sie wird die Aufmerksamkeit in seiner Handlung, dem Gefühl oder auch den Worten geschenkt, dadurch bekommen diese eine Bedeutsamkeit. Durch das Gehörte kann die Sprache und das Sprachverständnis länger erhalten bleiben.
Was kann ich tun: Ein Mensch mit einer Demenzerkrankung benötigt Zeit, um das Gesagte zu verstehen und umzusetzen. „Warten“ wird somit zur Königstugend.
Wozu: Durch das Warten wird die Eigeninitiative des MmD gefördert, er kann selbst noch Initiativen zeigen.
Das „Warten“ ermöglicht dem MmD Eigeninitiative zu zeigen, dadurch können Selbständigkeit (Selbstwertgefühl) und Handlungsfähigkeit länger erhalten bleiben.
Was kann ich tun: Das Benennen dessen, was der MmD tun kann, ermöglicht es ihm, selbst aktiv zu werden und an noch vorhandene Ressourcen anzuknüpfen. Ein Mensch mit einer Demenzerkrankung kann sich oft nur noch kurze Zeit konzentrieren, dann verliert er die Orientierung. Schritt-für-Schritt-Anleitungen, mit Sagen und zeigen und Wiederholungen helfen, die Aufgabe zu erfüllen.
Wozu: Der MmD erlebt sich als kompetent, das Selbstwertgefühl wird gestärkt
Was kann ich tun: Ein Dialog kann hergestellt werden, wo der Betroffene sich mitteilen kann und entsprechend Rückmeldungen bekommt, so dass er gesehen und gehört wird.
Wozu: Es kann ein Dialog und Austausch entstehen, der das Leben lebenswerter macht und Momente und Erfahrungen ausgetauscht werden.
Dies ermöglicht Teilhabe und das Teilen von gemeinsamen Emotionen.
Die Lebensqualität wird gefördert.
Was kann ich tun: Ein freundliches, zugewandtes Gesicht entspannt die Betreuungsperson und den MmD. Es wird eine gute Atmosphäre ermöglicht und erleichtert die Kontaktaufnahme.
Wozu: Der Betroffene bekommt die Rückmeldung, dass sein Gegenüber gerne bei ihm ist und den Kontakt mit ihm genießt. Es vermittelt dem MmD, dass er liebenswert ist.