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Nach Hause - Wo will sie denn hin?

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Themenstarter
(@kiranja)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Hallo,

Meine Mutter hat Pflegestufe 2, Alzheimer, ist eigentlich noch relativ fit. Jedes Mal wenn ich bei ihr bin will sie nach Hause. Wohin nach Hause?      Ihr Bruder hat auch Demenz - Altersdemenz - Pflegestufe 3 (er wird ambulant 3 * täglich versorgt). Sie ist oft mit meinem Vater bei ihm, da mein Vater die Pflege für meinen Onkel hat. Deshalb fahren meine Eltern immer gemeinsam zu ihm (mit dem Auto 10 Minuten). Will sie einfach nur zu ihm, weil sie dort aufgewachsen ist und ein wirklich gutes Verhältnis zu ihm hat oder will sie "Nach Hause"- sprich zu ihrer Mutter in den Himmel? Die letzten drei Tage habe ich mir Gedanken gemacht - vielleicht zuviele? (Meine Oma war immer sehr lustig und ich habe sie sehr gut in Erinnerung - ich habe alles von ihr bekommen! Als ich 18 Jahre war wurde schon fast viel zu spät festgestellt, dass sie Alzheimer hat! Danach war sie 7 Jahre lang bei meinen Eltern und ist 2004 verstorben!) Dies war eine harte Zeit für meine Eltern, Geschwister und mich. Wir bekamen alle mit wie schlimm und schleichend diese Krankheit ist. Jetzt fragte ich mich ob meine Mutter vielleicht von ihrer Mutter träumt, weil sie auch oft sagt, ,Was sagt den Mama dazu?`Ich denke mir jetzt, vielleicht vermischt sie die Träume mit der Realität in ihrer Erinerung und von dem jetzt und hier. Es ist wirklich sehr schwierig heraus zu finden, aber ich denke auch sie will in den Ort wo sie aufgewachsen ist, weil sie mir früher immer erzählt hat, sie wollte nicht weg ziehen - sie hat es aus Liebe zu meinem Vater gemacht. Sie hat auch nie das Leben geführt, das sie führen wollte. Sie wollte Friseurin werden, im Endeffekt hat sie Verkäuferin gelernt und hat ihr Leben für meinen Vater und uns Kinder komplett umgestellt. Manchmal kann man wirklich noch gut mit ihr reden, vor allen Dinge auch, wenn es um Mode geht. Aber die Krankheit ist wirklich nicht schön - und man muss damit leben. Ich hoffe, dass meine Eltern noch viel miteinander erleben können.

Viele Liebe Grüße

Büttner

10 Antworten
Beiträge: 21
(@validation)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Liebe Frau Bütttner,

richtig erkannt!!! Ihre Mutter möchte nach Hause. Sie bemerkt, ihre kognitiven Einschränkungen und das macht ihr Angst. Wo fühlen sich Kinder geborgen, geliebt, in Sicherheit? Zu Hause, bei Ihren Eltern, die ihnen Geborgenheit, Liebe, Schutz und Sicherheit geben. Viele Menschen mit einer Demenz äußern diesen Wunsch nach Hause zu wollen. Es ist gut, wenn sie solange möglich, die Familie besucht, schaffen sie schöne Momente, schauen sie wo sind ihre Ressourcen und unterstützen sie/oder ihr Vater die noch vorhandenen Möglichkeiten. Bitte nicht auf die Defizite hinweisen, im Anhang 11 Tips zum Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen.

Alles Gute

LG Validation 

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Beiträge: 2
(@ahe76)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Hallo,

 

bin betroffene Angehörige; die im gleichen Haus lebende Schwiegermutter hat seit rd. 4Jahren Alzheimer, aktuell Pflegestufe 3, seit Anfang Mai haben wir 24St. Pflege, da es schon untragbar war, bis dahin war ich die Hauptpflegende, aber neben 2 Kindern, Haus, Mann und einer Firma 😉 , da ich Selbständig bin und mein Büro im Haus ist...

Die Schwiegermama will auch immer nach Hause, obwohl sie in diesem Haus seit 52 Jahren lebt.

Sie erkennt ihre Kaffemaschine, Kühlschrank, Sessel etc., trotzdem "ist sie hier nicht zu Hause", oder "nur ein bisschen". 

Die Mutter einer Bekannten lebt seit ihrer Geburt in EINEM Haus, ist Dement, will aber auch nach Hause...

 

Meine Erklärung dazu habe ich in dem Roman von Arno Geiger - Der alte König in seinem Exil gefunden. Übrigens SEEHR empfehlenswerte Lektüre für alle pflegende Angehörige! Zuhause ist dort, wo man sich geborgen fühlt und wo man sich auskennt. Das ist bei Demenzkranken leider nirgendswo mehr... sie kennen sich einfach nicht aus, es ist so, wie wenn Du im 10Sekundentakt kurz die Augen schließt und bis dann jeweils "wo anderes", ohne zu wissen, wie Du dorthin gekommen bist, und es sind dort andauern "irgendwelche Leute". Wir sind mit Ihr zu 5 im Haus (+Pflegerin), sie glaubt es sind mind. 20 Personen ...

Bei uns ist leider das "ich gehe nach Hause" zu einer echter Manie geworden, sie lässt sich nur sehr schwer ablenken, packt DAUERND!!!!!  irgendwelche Sachen und will sich zu Fuß auf den Weg machen... Dauern heißt mind. 20x am Tag... das ist für uns Angehörige und auch die 24-st.-Pflegerin die größte Herausforderung, nach dem 20. Mal will man einfach nur losbrüllen... sie glaubt natürlich, sie ist die Schlauste von allen, wir san alle deppert...

Wünsche alles Gute!

Antwort
1 Antwort
(@validation)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Beiträge: 21

@ahe76 

Guten Abend,

Menschen mit fortgeschrittener Demenz können unruhig, innerlich angespannt und getrieben sein und einen ausgeprägten Bewegungs drang entwickeln.
Die Ursachen dafür sind sehr verschieden, so kann zum Beispiel eine Unruhe schlicht aus Hunger oder Durst erwachsen, sich steigern und zum »Weglaufen« führen.
Motivationen und Ziele
Auch ohne erkennbaren Grund können Ängste, Unruhe und Getriebenheit auftreten. Der demenzkranke Mensch verlässt
die Wohnung meist aus einem bestimmten Motiv oder mit einem Ziel. Deshalb spricht man oft auch nicht mehr vom Weg-
laufen, sondern vom Hinlaufen.

Häufige Beweggründe sind das Bedürfnis nach Gesellschaft, die Sehnsucht nach einem vertrauten Ort der Vergangenheit,
der Sicherheit und Geborgenheit bedeutet (»Ich will nach Hause«), die Suche nach oder die Sorge um geliebte Menschen aus
früheren Zeiten (Partner, Kinder, Eltern) oder das Gefühl einer Verpflichtung (»Ich muss zur Arbeit!«, »Die Kinder sind doch
allein zu Hause!«).

Mögliche Ursachen
für innere Unruhe, Angst
und Getriebenheit
• Hunger und Durst
• Schmerzen
• Orientierungslosigkeit
(»Wo bin ich hier?«)
• Harndrang
• Blähungen/Verstopfung
• Langeweile
• Gefühl des Alleinseins
• Sinnestäuschungen
(zum Beispiel durch
Verkennung von Schatten)
• zu wenig Bewegung

 

Sollte es doch einmal vorkommen, dass der Angehörige wegläuft, so gibt es Möglichkeiten, mit Schuh-Einlagen und Ortungsgeräten, diese wieder aufzuspüren. 

Herzliche Grüße

Monika Bechtel

Vorstandsmitglied, Angehörigenberatung

Antwort
Beiträge: 52
Admin
(@admin)
Beigetreten: Vor 4 Jahren

Liebe Angehörige,

Sie beschreiben eine für alle Familienangehörigen belastende und schwierige Situation. Aber auch Ihre Schwiegermutter scheint sich um etwas Sorgen zu machen und möchte an den Ort zurück, der Geborgenheit verspricht (das haben Sie gut beschrieben!) oder wo Sie der Meinung ist, etwas erledigen zu müssen. Eine Demenz verändert die Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit der Betroffenen. Auch Vergangenheit und Gegenwart können im Erleben der Erkrankten ineinander übergehen. Oft äußern Menschen mit einer Demenz ihre Antriebe deutlich und oft hängen diese Antriebe mit den Lebensthemen der Erkrankten zusammen (Kinder, Beruf…). Es ist nur für die Angehörigen manchmal nicht so einfach, sich in die veränderte Wahrnehmung der Erkrankten hineinzuversetzen. Vielleicht erlebt sich Ihre Schwiegermutter als sie jung und ihre Kinder klein waren – ihre Antriebe könnten dann z.B. Pflichtbewusstsein, Liebe, Fürsorge sein (will „nach Hause“, weil Sie Essen für die Kinder kochen muss). Aber das ist nur ein Beispiel und die Antriebe Ihrer Schwiegermutter können ganz andere sein. Sie könnten versuchen, die Antriebe Ihrer Schwiegermutter durch Fragen wie „Wer wartet auf dich?“, „Wie war es zu Hause?“ usw herauszufinden – wenn Sie die Antriebe verstehen, können Sie besser auf Ihre Schwiegermutter eingehen, indem Sie ihre Gefühle spiegeln (z.B. „Du machst dir Sorgen“ oder „Du liebst deine Kinder“ oder „du warst immer eine gute Mutter“). Dadurch fühlt sich Ihre Schwiegermutter wahrgenommen, verstanden und wertgeschätzt. Hierdurch könnte es gelingen, die schwierige Verhaltensweise zumindest zu reduzieren.

Herzliche Grüße

Claudia Krack

Vorstand Alzheimer Gesellschaft RLP

Administrator Forum

Antwort
Beiträge: 2
(@ahe76)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Danke für die sehr anregende Antworten!!!

Ja, einer der Gründe ist, dass Sie Ihre Eltern besuchen will und nicht glaubt, dass Sie seit 40 Jahren tot sind. Auch Ihrem Sohn/meinem Mann glaubt sie nicht, obwohl sie ihn noch recht verlässlich erkennt.

Da hilft manchmal in Ihr Geburtsort zu fahren (ist die Nachbarortschaft, 5min mit dem Auto) und gemeinsam zum Friedhof zu gehen, da sieht es am Grabstein, dass Ihre Eltern tot sind... sie ist nur überrascht, dass es ihr damals niemand gesagt hat, sie hat es nicht gewußt! Ist aber nicht bestürzt oder traurig oder so... tut dann Unkraut zupfen und Blumen gießen, nach 5-10 min fahren wir wieder nach Hause. Es hilft meistens für ein Paar Stunden und sie ist ruhig. 

Sie wohnt in ihrem jetzigen Haus seit Ihrer Heirat, d.h. rd. 52 Jahre, und die Räumlichkeiten sind seit rd. 40 Jahren auch unverändert eingerichtet... Oft sagt sie nach dem Mittagessen, ich gehe jetzt nach Hause, ich kann da ja nicht für immer bleiben. 

Bewegung hat Sie genug, geht sicher 2x am tag jeweils für 40 min - 1 Stunde spazieren

Eine Frage habe ich noch, wenn sie über ihre verstorbene Eltern, Geschwister redet und sich nicht erinnert, dass sie tot sind, hat es irgendein Sinn, ihr zu sagen, dass sie tot sind??

Hätten Sie Literaturempfehlung zum Thema Umgang mit Demenzkranken für mich, um uns/ der Pflegerind und selbstverständlich der Schwiegermutter den Alltag  zu erleichtern?

Ich habe zwar viele Fachartikeln gelesen, aber konkrete Anleitungstips (so wie sie in der Antwort der Frau Krack waren) fehlen dort meistens... DANKE IM VORAUS!!!

Liebe Grüße

Familie H 

Antwort
1 Antwort
(@validation)
Beigetreten: Vor 3 Jahren

Beiträge: 21

@ahe76 Guten Morgen, schauen Sie mal hier:

https://shop.deutsche-alzheimer.de/broschueren

und vielleicht nehmen Sie an einer unserer Schulungen teil, diese finden Sie unter:

https://www.alzheimer-gesellschaft-rhpf.de/schulungen/#kurs

auch hier finden Sie gute Tips im Heft 100 Tips zum Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen:

https://www.amazon.de/100-Tipps-Validation-Pflege-leicht/dp/3899934253

LG Monika Bechtel

Vorstandsmitglied, Angehörigenberatung

Antwort
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