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Hilfe beim Umgang mit der derzeitigen Situation

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Beiträge: 1
Themenstarter
(@franzi)
Beigetreten: Vor 2 Jahren

Hallo.
Ich benötige dringend Hilfe im Umgang mit meinem Großvater und hoffe diese auf diesem Weg zu bekommen.
Konkret ist die Situation derzeit folgende: Meine Großmutter ist vor 3 Jahren verstorben. Mein Großvater hat dies stark mitgenommen ( verständlicherweise) , zumal er nie Hausarbeit erledigt hat und dies von da ab lernen musste.
Aktuell ist sein Zustand folgender : er wurde vor etwa 9 Monaten aufgrund von Darmkrebs operiert. Er ist stark sturzgefährdet, kommt regelmäßig ins Krankenhaus daher. Diagnose sind neben Bluthochdruck eine diagnostiziert mittelschwere Demenz, eine Hirnminderung laut Arztbrief ,sowie eine zunehmende Verwahrlosung, da er die alltäglichen Dinge nicht mehr bewältigen kann.
Er selbst ist der Meinung er ist fit nur eben etwas alt.
Vor Jahren fing es ganz normal an, dass er Dinge vergessen hat, Namen wechselte. Mittlerweile sieht er regelmäßig meine vorstorbene Großmutter, meine Kinder, die bei ihm wären, obwohl sie es nicht sind.
Gerade die letzten 3 Wochen waren schwierig.
Vor 3 Wochen rief er Samstags früh an, ob ich wüsste ,wo er ist. Er meinte er wäre " wahrscheinlich " hunderte Kilometer weit weg von zu Hause und es würde sich eine 2te Person als mich ausgeben und im Deutschland herum fahren und immer neue Hotels für ihn buchen und er müsste rum reisen. Das ging den ganzen Tag. Abends hatte er dann den Entschluss gefasst, er würde jetzt einen "Dorfpolizisten" auf suchen und alles melden. In den kommenden Tagen ging es weiter mit z.B. nächtlichen Anrufen, wo ich wäre, meine Großmutter würde die ganze Stadt absuchen. Ein andres Mal war er der Meinung ich würde nachts immer mit einem fremden Mann zu ihm kommen und neben ihm im Bett schlafen. Mittlerweile ist es soweit, dass er seit gestern die ganze Familie verrückt macht, dass ich da gewesen wäre, Geld entwendet hätte und er das der Polizei melden will.
Ich war die letzte Zeit nicht in seiner Nähe, da mich die Situation sehr bedrückt.
Mein Vater und mein Onkel ( seine Söhne versuchen immer die Wogen zu glätten, wenn irgend etwas verfällt. ) .... ich bin der Meinung er gehört dringend in eine Einrichtung, in der man sich entsprechend seinem Krankheitsbild um ihn kümmert.
Zwar hat er einen Pflegegrad, lehnt aber die Pflege ab. Einzig erreicht habe ich, dass morgens und abends ein Pflegedienst kommt, der die Medikamente verabreicht. Dies ist aber hauptsächlich, damit regelmäßig nach meinem Großvater " geschaut" wird. Ansonsten ist mein Vater und mein Onkel etwa alle 2 Tage/ oft auch täglich dort.
Ich weiß nicht weiter. .... ich möchte meinem Großvater gern helfen, hatte auch schon un dr Familie erwähnt, dass ich mich ans Ordnungsamt wende, damit eine Betreuung geprüft wird, was zu hitzigen Diskussionen geführt hat.
Nun weiß ich nicht .... welche Möglichkeiten habe ich tatsächlich, welche Wege kann ich ( ggf. auch alleine zum Wohle meines Großvaters ) gehen ?!

Ich wäre unendlich dankbar für Hilfe.

Viele Grüße
Franziska Sist-Lippe

1 Antwort
Beiträge: 52
Admin
(@admin)
Beigetreten: Vor 4 Jahren

Liebe Frau Sist-Lippe,

erst einmal herzlich Willkommen im Forum 😊

Es ist sehr schön, dass Sie so besorgt um Ihren Großvater sind und sich kümmern! Menschen mit einer Demenz benötigen Hilfe, Unterstützung und Menschen, die ihnen zeigen, dass sie – auch mit der Demenz – geliebt werden. Menschen mit einer Demenz wollen aber auch weiterhin selbst bestimmt und selbständig bleiben, solange es geht in den eigenen vertrauten vier Wänden verbringen dürfen, sie möchten dazu gehören und sich akzeptiert und wertgeschätzt fühlen.

Durch die Demenzerkrankung, die mit einem massiven Absterben von Nervenzellen einhergeht, verlieren die Erkrankten neben Störungen des Gedächtnisses auch die räumliche, zeitliche und situative Orientierung (Deutung von Handlungsabläufen), die Orientierung zur eigenen Person wie auch das Erkennen von anderen Personen. Durch die degenerativen Veränderungen im Gehirn kommt es zunehmend zu einer veränderten Wahrnehmung und auch zu Wahnvorstellungen und Sinnestäuschungen. Die Erkrankten versuchen eigene Erklärungen zu finden, wenn zum Beispiel Dinge einfach „verschwinden“ werden häufig nahestehende Angehörige des Diebstahls beschuldigt. Bei diesen Fremdbeschuldigungen handelt es sich um eine Verarbeitungsstrategie von ihrem Großvater: dadurch, dass er andere beschuldigt, schützt er seine Würde, denn die Erkrankten erleben ihre Verluste häufig sehr eindringlich, sie können sich nicht mehr auf ihre bisherigen Fähigkeiten und Leistungen verlassen. Dieser Kontrollverlust macht Angst und verursacht großen Stress. Nehmen Sie bitte diese Anschuldigungen nicht persönlich und rechtfertigen Sie sich auch nicht. Besser ist es, die emotionale Botschaft des Verhaltens herauszufinden (Verzweiflung, Sorge, Wut) und diese anzusprechen: „Du bist sehr besorgt/verärgert. Mir würde es auch nicht gut gehen, wenn ich das Gefühl hätte, ich wäre bestohlen worden. Aber ich verspreche dir, mit dir die Geldbörse zu suchen.“ Ablenkung, gemeinsam etwas Schönes machen (einen Kaffee trinken, spazieren gehen, alte Fotos ansehen) helfen, die Situation zu deeskalieren. Den Fokus bitte NICHT auf die Erkrankung/Verluste, sondern auf die Dinge, die noch funktionieren, legen; nicht korrigieren, sondern „in ihrer Welt bestätigen“ und all das fördern, was noch geht, um die Selbständigkeit zu erhalten.

Für die Angehörigen ist es oft sehr schwer, diese Veränderungen anzunehmen und auch einen gewissen Grad der Verwahrlosung zu akzeptieren. Im Anhang finden Sie das Infoblatt „Allein leben mit Demenz“ mit wichtigen Hinweisen und Tipps, wie Angehörige unterstützen können.

Weiterhin möchte ich Ihnen einige wichtige Adressen für Beratungsmöglichkeiten geben. Leider weiß ich nicht, aus welchem Bundesland Sie kommen, deshalb halte ich es so allgemein wie möglich:

Jedes Bundesland hat regionale Alzheimer Gesellschaften und die allermeisten bieten eine kostenlose Beratung an. Unabhängig von Ihrem Wohnort können Sie sehr gerne die Demenzsprechstunde der Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz nutzen: einmal über alle Sorgen reden und hilfreiche Tipps zu bekommen, wäre sicher ein sehr guter erster Schritt:

https://www.alzheimer-gesellschaft-rhpf.de/demenzsprechstunde/

Weiterhin wäre es zu überlegen, (in kleinen Schritten) die Tätigkeiten des ambulanten Pflegedienstes zu erhöhen, denn für Ihren Großvater wäre eine Tagesstrukturierung sehr wichtig. Vielleicht könnte auch der Besuch einer Tagespflege organisiert werden. Eventuell wäre es auch nötig, den Pflegegrad zu erhöhen. Auch die sichere Gestaltung der Wohnung wäre ein wichtiges Thema. All dies können Sie z.B. durch eine Beratung bei einem Pflegestützpunkt erfahren. Pflegestützpunkte beraten neutral und kostenfrei, den nächsten Pflegestützpunkt finden sie hier:

https://www.pflegestuetzpunkte-deutschlandweit.de/

Allerdings wird die Krankheit weiter voranschreiten und bei aller Unterstützung wird der Punkt kommen, wo es für Ihren Großvater nicht mehr möglich ist, allein zu wohnen. Wichtig wären auch eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung. Zu all diesen Punkten berät Sie z.B. ein Betreuungsverein in Ihrer Nähe (zu finden über eine Suche im Internet).

Die Alzheimer Gesellschaften bieten regelmäßig Schulungskurse für Angehörige von Menschen mit einer Demenz an. Wissensaufbau hilft, die mit einer Demenz einhergehenden Veränderungen besser zu verstehen. Unsere Schulungskurse (auch online) finden Sie hier:

https://www.alzheimer-gesellschaft-rhpf.de/schulungen/

oder hier:

https://www.demenz-partner.de/demenz-kurs-suchen/kurse-finden

 

Herzliche Grüße

Claudia Krack

Vorstandsmitglied der Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz e.V.

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